Wallis kulinarisch – Walliser Küche und Keller

Das Essen ist im Wallis mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Beim Essen zeigt sich Walliser Tradition und Lebensart. Vom Rhonegletscher bis zum Genfersee, vom ewigen Eis auf über 4000 m bis zu den großen landwirtschaftlichen Anbauflächen in der Rhonetalebene, von kleinen Dörfern an den steil ansteigenden Berghängen bis zur geschichtsträchtigen Kantonshauptstadt Sion (auf Deutsch Sitten) am Fuße von Tourbillon und Valeria: die kulinarische Reise durch das Wallis kennt so manche gastronomische Höhepunkte.

Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Käse, der eine tief verwurzelte Tradition im Wallis hat: der Raclettekäse. Vielerorts mittlerweile bekannt, oftmals wegen seines schweren Geruches verpönt, bleibt er doch eine Delikatesse. Aus dem Französischen kommend bedeutet „racler“ schaben oder kratzen, was sogleich das Bild vor Augen entstehen lässt, wenn sich diese Köstlichkeit nach dem Erhitzen über die Kartoffel ergießt.

Sehr typisch für das Wallis ist ein Raclette der besonderen Art: Aus den Tälern Val de Bagnes, Val d’Herens, Val d’Anniviers, aus dem Turtmanntal, vom Simplon oder aus dem Goms wandern nacheinander halbrunde Laibe auf die Schmelzvorrichtung und mit jedem Gang wird ein Käse aus einem anderen Tal serviert. Dabei variieren die Nuancen von vollmundig bis robust, von cremig bis samtig.

Der Walliser „Bratchäs“ (Bratkäse), der über die Schweizer Grenzen hinaus Berühmtheit erlangte, trägt die Bezeichnung „Raclette du Valais AOC“. Neben den würzigen Käseschnitten ist noch das Käsefondue eine begehrte Variante. Das Roggenbrot gehört ebenso ins Wallis, wie das Raclette. Es ist überall dabei. Bei der Verkostung eines echten Walliser Tropfens als dünn geschnittener Geschmacksneutralisierer, beim Walliser Teller, der mit Walliser Trockenfleisch, Speck, Käse und getrockneten Würsten dekoriert ist, beim Amuse Bouche neckisch dekoriert und letztendlich beim Dessert als duftiger Roggenbrotschaum.

Ein Highlight ist es, bei der Produktion dieses obligaten Lebensmittels zuzuschauen. In Simplon-Dorf in der Bäckerei Urs Arnold wird das Original noch so hergestellt, wie es die Tradition fordert. Der Nachteil ist: Will man dem Bäcker auf die Finger schauen, ist die Nachtruhe eine kurze. Aber was soll’s.

Apropos Würste. Was verbindet man mit dem Saastal? Gletscher, Berge die hoch in den Himmel ragen, Carl Zuckmayer, ja. Aber Würste? Nie und nimmer. Und doch haben die Saaser eine Delikatesse, die luftgetrocknet anmutet. Die Saaser Würste sind aus feinstem Schweins-/Rindfleisch und Speck hergestellt, mit Kartoffeln und Roter Beete verfeinert, wobei die Rezepte am liebsten geheim gehalten werden.

Weitere Stars der Walliser Küche sind mit bis zu 19 Gault Millau-Punkten dekoriert und tragen ihre Hauben mit handwerklicher Selbstverständlichkeit. Restaurants wie „Le Gourmet/Hotel Alpenhof“ (Zermatt) oder das „Hôtel Restaurant Les Alpes“ (Orsières), Namen wie Didier de Courten (Sierre/Siders) und Markus Neff (Saas-Fee) sind längst keine Unbekannten aus hinterwäldlerischen Tälern, sondern agieren über die Grenzen hinaus in der Leading-Wallis-Cuisine. So sehr die Walliser an ihren kulinarischen Gewohnheiten hängen, so sind gerade sie, die Nachkommen des Hotelpioniers Cäsar Ritz, für Küchentraditionen und -tendenzen aus aller Welt offen.

Bohnensuppe und Safranreis

Typische Gerichte, die man im Wallis findet, sind aus Großmutters Zeiten überliefert: die Pilzschnitte, die Savièser Lauchtorte, die Walliser Gemüsesuppe oder die Bohnensuppe und der Safranreis aus Mund – nur von hier kommt der „echte“ Schweizer Safran. Die Cholera aus dem Goms ist das, was herkömmlich als „Armeleuteessen“ betrachtet werden kann. Die Torte aus Kartoffel, Lauch, Äpfeln, Zwiebeln und Käse hat heute aber längst schon die vornehme Quiche überholt.

Das Walliser Gesottene „Gsottus“ ist deftig-gehaltvoll und besteht ursprünglich aus Schweine- und Rindfleisch, Speck und Wurstwaren. Zusammen mit Sauerkraut oder Weißkohl ist es ein wärmendes Gericht in der schon kühlen Jahreszeit. Während der herbstlichen Jagdzeit werden Wildgerichte von Reh, Gämse und Hirsch auf Walliser Art serviert.

Im November wird lustvoll einer alten Walliser Tradition gefrönt, die immer auch willkommener Anlass zum fröhlichen Ausgehen in Gesellschaft und Besuch eines Restaurants ist: Brisolée. Zu gerösteten Kastanien werden verschiedene Alpkäse – weder zu frisch noch zu trocken – mit Sauser (junger, noch nicht ganz vergorener Wein) serviert. Je nach Region werden auch Trauben oder Äpfel dazu gereicht.

Was aber wäre ein gelungenes Essen ohne den richtigen Tropfen. Eine Vielzahl erstklassiger Weine rundet das gastronomische Angebot im Wallis ab. Das Sortiment hat außer den Walliser Klassikern Fendant (leicht, fruchtig und trocken), Johannisberg (füllig, blumig und zart), Dôle (füllig, vollmundig und ausgeglichen) und dem kraftvollen Pinot Noir unzählige andere Raritäten vorzuweisen, wie etwa den Muscat, den Humagne, den Petite Arvine, den Amigne oder den Malvoisie. Aus den Früchten werden ausgezeichnete Branntweine gewonnen, von denen die bekanntesten aus der Destillation der Williams-Birne, der Aprikose, dem Trester des Dôle oder dem Golden-Apfel stammen.