Georg Kantioler aus Südtirol der Perfektionist

Georg Kantioler, blaue Augen, 42 Jahre alt, Südtirol, die blonden Haare fallen in die Stirn, ist einer der erfolgreichsten Naturfotografen Südtirols. Seit Mitte der 90er Jahre fotografiert der Feldthurner die Dolomiten in Südtirol – seine Spezialität sind große Panoramabilder und detailgenaue Makroaufnahmen. „Ich liebe diese Berge“, sagt er, und bei ihm klingt das überhaupt nicht pathetisch. Wir stehen wieder oben am Latzfonser Kreuz und überblicken das Panorama: links die Wände des Aferer Geisler und der Peitlerkofel, dann die Spitzen der Geisler, die Wände der Sella, die Kämme der Langkofelgruppe und schließlich die Türme von Schlern und Rosengarten in Südtirol. Darunter ziehen sich schräge Platten und Geröllfelder hin zu hellgrünen Wiesen und dunklen Wäldern; dazwischen strahlen weiße Bauernhäuser und werfen ihre Schatten ins Tal in Südtirol.

 

Dabei begann – als Kantioler Ende der 90er Jahre angefangen hat, intensiv zu fotografieren – alles mit einer Niederlage: Er nahm an einem Südtiroler Naturfotografenwettbewerb teil – und wurde letzter. „Damals habe ich Bilder gesammelt“, sagt er, habe möglichst viele verschiedene Motive aus Südtirol fotografiert und Erlebnisse festgehalten. Bis ihm irgendwann klar wurde: „Das hat keinen Sinn. Meine Bilder müssen besser werden.“ Von da an hat sich Kantioler jedes Bild ganz genau überlegt, verzichtete oft darauf, auf den Auslöser zu drücken, löschte viele Dateien wieder und kam am Ende oft ohne Ergebnis zurück. In seinem Archiv befinden sich folglich auch nur 2.000 Bilder – 2.000 von rund 40.000 aus Südtirol, die er seit der digitalen Umstellung 2006 gemacht hat. Gute Bilder, das ist ihm mittlerweile klar, muss man sich erarbeiten. Und den Wettbewerb hat er seither mehrmals gewonnen. Umso erstaunlicher ist es, dass er nicht hauptberuflich fotografiert, sondern weiter als Energieberater arbeitet. An jenem Oktobermorgen begann er in Südtirol um vier Uhr mit den Vorbereitungen. Er befestigte mit klammen Fingern die Kamera auf dem Stativ, schraubte sorgfältig das Objektiv ins Bajonett und wählte präzise den Bildausschnitt. Er stellte die Blende auf 7,1 und belichtete das Bild für 580 Sekunden. Es war windstill. Diesmal passte alles. Und um 5.06 Uhr drückte Georg Kantioler auf den Auslöser.

Kantioler fotografiert ausschließlich in Südtirol und weiß eben genau, wann er wo sein muss. „Die besten Zeiten sind Frühjahr und Herbst in Südtirol“, verrät er. „Wenn die Touristen wieder weg sind, wenn die Stille in die Berge einkehrt und wenn Schlechtwetterfronten die Dolomiten in besondere Stimmungen tauchen.“ Was genau das heißt, ist auf dem Foto zu sehen, das er am Latzfonser Kreuz gemacht hat. Es zeigt einen wolkenlosen Himmel, der von gelb bis violett auf den Hochnebel schimmert und als Krönung strahlen die Sternenbahnen über der Bergsilhouette. „Eines von ganz wenigen perfekten Bildern“, sagt Kantioler. Und das will bei ihm schon was heißen.

Georg Kantioler und die Dolomiten Südtirol

Georg Kantioler ist Preisträger bei den Wettbewerben für Naturfotografen „BBC – Wildlife Photographer of the Year“, „Europäischer Naturfotograf des Jahres“, „Glanzlichter“, „Asferico“ und „Oasis“. Außerdem war er mehrmals „Südtiroler Naturfotograf des Jahres“ und 2010 erstmals Mitglied der Jury zum Wettbewerb „Europä ischer Naturfotograf des Jahres“.

Die Dolomiten in Südtirol lassen sich von einer Reihe von Aussichtspunkten aus besonders gut betrachten: Vom Rittner Horn (2.260 m) oberhalb von Bozen sind die Dolomitenzüge Schlern, Rosengarten, Geislerspitzen und Sellastock zu sehen. Am Wuhnleger Weiher (1.402 m) oberhalb von Tiers im Naturpark Schlern-Rosengarten kann man das Abendrot und den sich im Weiher spiegelnden Rosengarten genießen. Mit Blick auf die Dolomiten zählen das Schutzhaus und die Wallfahrtskirche Latzfonser Kreuz in den Sarntaler Alpen zu den höchsten Pilgerstätten Europas. Und sogar von Bozen aus erblickt man die Dolomiten. Von der Talferbrücke, die die Bozner Altstadt mit dem neueren Stadtteil verbindet, hat man beispielsweise freien Blick auf den Schlern und den Rosengarten.